Oft liest man, dass man alte Verletzungen und Demütigungen in einer Beziehung erst aufarbeiten muss, bevor man wirklich neu durchstarten kann. Das ist auch immer wieder ein Thema, das in psychologischen Beratungen oder in Therapien angesprochen und auch behandelt wird. Gerade, wenn es um Narzissmus geht.
Das hat seine Schwierigkeiten, zum Beispiel, wenn der Ex-Partner das nicht will, oder einfach nicht mehr ‚greifbar‘ ist, oder, wenn es bei einem übergriffigen Ex nicht angeraten ist, irgendeinen Kontakt zu haben. Das kann schmerzlich sein und den Heilungsprozeß auch erschweren, und/oder verlängern.
Es gibt aber auch eine andere Variante. Ich musste die Erfahrung machen, dass die Versuche nach 3 Jahren, eine Beziehung aufzuarbeiten, im nach hinein noch zu Enttäuschungen geführt hat. Die Erkenntnis, dass sich nichts geändert hat, dass keine Einsicht besteht und immer wieder versucht wird, die alten Muster und Redeweisen anzuwenden, hat mich sehr ernüchtert.
Wenn du genau spürst, wie der ehemalige Partner wieder versucht, sein Netz über dich zu legen. Wenn du die Gefahr erkennst, dass du dich eben wieder in diesen alten Schemen zu verfangen drohst, zu diskutieren, ohne dass es eine Auflösung gibt, kann das sehr ernüchtern. Wenn dein Gegenüber merkt, es klappt nicht, zuerst versucht Mitgefühl zu erregen und dir dann nur wieder Beleidigungen und Demütigungen an den Kopf schmeißt. Dich klein redet und dir wieder das Gefühl geben will, dass du ohne ihn nichts wert bist.
Für mich selbst folgten daraus nach all der Zeit zwei Erkenntnisse:
1) Ich habe mich weiter entwickelt, als ich je dachte, dass es möglich ist! Und er ist stehen geblieben. Das meine ich nicht in materiellen Zusammenhang. Oh, da ist er noch weiter aufgestiegen und ich hab immer noch ein bisschen nachzuholen, bis ich wieder auf dem Stand bin, auf dem ich einmal war. Mit stehen geblieben meine ich seine Verhaltensmuster und seine Ziele. Seine ‚Träumereien‘, was er alles wie ändern will. Seine Selbsttäuschung und in manchen Dingen auch seine Verblendung. Seine Versuche, mich mit Schmeicheleien wieder da hineinzuziehen und mich einzubinden. Das Muster dass viele viele Jahre wunderbar funktioniert hat….
2) Jetzt schaue ich von außen drauf. Ich habe kein Mitleid mehr, mein Interesse ist geschwunden (verschwunden?*) Es macht mir nichts aus, wenn er mir schreibt, wie schlecht es ihm geht und wie traurig er ist, was wieder schief gegangen ist, wo er enttäuscht wurde. Dabei kommt bei mir ein Gefühl der Gleichgültigkeit hoch. Das könnte ich auch auf Facebook als Status irgend einer fremden Person lesen.
Meine Energie benutze ich mittlerweile dazu, mein Leben anders und neu zu organisieren. Meinen Traum habe ich aufgegeben und mir einen neuen zu Eigen gemacht. Das ist mir extrem schwer gefallen. Und ich stecke mitten drin, genau den zu verwirklichen. Ich werde umziehen und dafür ist es nötig, auszumisten. Altes in die Hand zu nehmen und zu entscheiden: behalte ich das, oder kann das weg. Erinnerungsstücke haben für mich immer einen extrem großen Wert gehabt. Heute stelle ich fest, dass ich die ohne Not ins Feuer oder den Müll schmeißen kann. Nicht aus Zorn oder Zerstörungswut, sondern einfach, weil sie keinen Wert mehr für mich haben. Das war ein anderes Leben und es gehört nur noch bedingt zu mir. Es war eine Lektion und die ist abgeschlossen.
Aufarbeiten mit ihm ist mir nicht mehr wichtig. Wichtig ist, dass ich meine Fehler erkannt habe und mir die auch verzeihen kann, sie ändern und in etwas Gutes wandeln kann. Und das gelingt mir gerade sehr gut.
* „Verschwunden“ habe ich in Klammern gesetzt und ein Fragezeichen hinzugefügt, weil ich die Mails noch immer gelesen habe. Darum im Text das Wort: ‚geschwunden‘. Verschwunden kommt auch noch, das weiß ich 😉