Veröffentlicht in Allgemein, Narzissten

16.432 emails

Gastbeitrag Katrin W.

Seit ein paar Wochen archivieren und sichten Sonja und ich gegenseitig unsere emails und sms und whatsapp Nachrichten, die wir im Laufe der Beziehung und danach von unseren jeweiligen Ex-Partnern erhalten haben. Sofern noch vorhanden. Wir machen das nicht selbst, denn manches möchten wir einfach nicht mehr selbst noch einmal lesen, bzw. sehen.

Auf die Idee hat mich mein Chef gebracht. Ich arbeite in einer Anwaltskanzlei. Vor ein paar Monaten bat ich ihn darum, mir doch einmal seine Einschätzung zum Fall einer Bekannten zu geben. Ihr Ehemann hat während der Scheidung Forderungen an sie gestellt und sie konnte das Gegenteil nicht beweisen. Sie hatte in der ersten Wut und dem ersten Trennungsschmerz alle Nachrichten von ihm gelöscht, Briefe und Bilder verbrannt. Laut meinem Chef hätte sie das mal lieber nicht getan.

16.432 emails, das hört sich erst einmal viel an. Legt man das aber auf 17 Jahre um, kommt man auf ca. 2,7 Stück pro Tag. Zieht man davon noch die Unwichtigen ab (Hallo, das Wetter ist mies, hast du das Gewächshaus zugemacht? – Ich hätte mal wieder Lust auf Krautwickel! – Kannst du Milch kaufen?) dann bleiben noch im Schnitt 1,84 pro Tag. Und es wurden ja auch nicht jeden Tag welche geschickt. Die Streitmails können dann aber auch schon mal 8 bis zu 12 hin-her Nachrichten ausmachen.

Und sie alle erzählen eine Geschichte und zeichnen ein Bild. Ich bin jetzt im Jahre 2009 (bei 2017 rückläufig beginnend) angelangt, also noch lange nicht am Ende. Und ich verstehe jetzt erst wirklich, warum der Blog Himmel&Hölle heißt.

Ich kann nur jedem raten: löscht die Mails nicht, speichert sie auf verschiedenen Medien ab. Ich musste leider feststellen, dass eine meiner gebrannten Cds nicht mehr lesbar ist. Sonja war da schlauer, sie hat ihre Sachen auf externen Festplatten und Speicherkarten gesichert geht da eine kaputt, hat sie immer noch 3 andere Datenträger mit den Daten.

Während und nach einer Trennung kann es zu den seltsamsten Situationen kommen. Auch wenn ihr meint, er/sie wäre doch so nett und entgegenkommend. Das kann sich rasch ändern und ins absolute Gegenteil umschlagen. Versprechen und Zusagen werden ohne Not gebrochen bzw. widerrufen, besonders, wenn ein/e neue/r Partner/in ins Spiel kommt, der/die dann auch noch mitmischt und stichelt bzw. aufhetzt.

Aber die mails können auch noch einen andern, guten Sinn haben. Tatjana aus unserer Gruppe hat erzählt, sie habe sich nach 3 Jahren die Mails noch einmal durchgelesen. Und sich nach dem Lesen gefragt, warum sie das alles nicht schon früher erkannt hat. Die emails haben ihr ein genaues Bild des Gemütszustandes ihres geschiedenen Mannes gezeigt. Mal ging alles liebevoll und respektvoll von statten und dann, manchmal nur Stunden später, wurde beleidigt, gedemütigt und verletzt. Sie berichtet selbst, dass sie in der Situation kein Auge dafür hatte. Gerade gegen Ende der Ehe wollte sie eigentlich nur noch Ruhe und Frieden für sich und die Kinder. Deshalb hat sie vieles einfach weggesteckt. Sie berichtet, dass sie immer dann, wenn sie an ihrer Entscheidung zweifelt, die Mails der letzten Jahre und aus der Scheidungsphase hervorholt. Und dann ist sie sicher, das richtige getan zu haben. Für sich und für die Kinder.

Genau abwägen sollte man aber auch, wann man den Kindern die mails zu lesen gibt und ob überhaupt. Gerade Männer mit narzisstischen Persönlichkeitsstörungen verdrehen oft Tatsachen und Begebenheiten, um in einem besseren Licht da zu stehen. Aber es gibt auch Frauen, die gerne mal das ein oder andere „vergessen“ und die Kinder als ‚Waffe‘ benutzen. Beides ist mies und absolut falsch. Da ist die Versuchung groß, dem Kind zu sagen: „schau, das hat er geschrieben damals, so war das!“ sehr groß. Bitte sucht euch vorher Unterstützung und besprecht das mit einem Kinderpsychologen, einem Mediator. Und nein, die beste Freundin ist da nicht immer der richtige Ratgeber. Holt euch professionelle Hilfe dafür und setzt eure Kinder nicht Situationen aus, mit denen sie nicht gut umgehen können. Manchmal ist es besser, damit zu warten, bis sie von selbst fragen und alt genug sind, das zu verdauen. Denkt daran, wie ihr leidet, oder gelitten habt, setzt eure Kinder dem nicht aus. Danke.